Herstellung von Mehlen, Schroten und Flocken

Eigentlich könnte man meinen, dass es ein Leichtes wäre, ein winziges Getreidekorn zu zerkleinern. Doch auf dem Weg zum Mehl liegen (heutzutage) eine unvermutete Vielzahl von Schritten, wird viel Detailwissen aufgewendet und über die Jahrhunderte immer weiter perfektionierte Technik eingesetzt!

Ganz früher waren Steine und Muskelkraft einzige Hilfsmittel, um gedroschenes Getreide in Mehl zu verwandeln. „Handarbeit“ im wörtlichen Sinne, ist es extrem mühsam gewesen, es hat lange gedauert, ehe ein Häufchen Mehl vor dem Müller oder der Müllerin lag.

Irgendwann wurden dann erste mechanischen Mühlen gebaut, welche die Energie aus Wind oder Wasser dazu nutzten, schwere Mühlsteine anzutreiben, die das Getreide zu Vollkornmehl zerkleinern oder mahlen konnten. Doch diese Entwicklung ist nicht stehen geblieben. Heute sind Mühlen wahre Wunderwerke der Technik. Und sie haben nicht nur die Aufgabe, ein Korn zu zerkleinern. Deswegen ist es ein Weg von beeindruckender Länge und Komplexität, schaut man sich den Gang eines (in diesem Fall Weizen-)Korns bis hin zum fertigen Mahlerzeugnis genauer an.

Pro Jahr werden in Deutschland etwa 24 Millionen Tonnen Weizen geerntet, der Großteil als Winterweizen. Bei der Ernte, die je nach Reifegrad, Temperaturverlauf und Feuchtigkeit im Juli und August stattfindet, sollte eine trockene Witterung herrschen, da dies für die Qualität und die Lagerfähigkeit des Weizens sehr wichtig ist. Denn der Weizen muss im Lager zunächst weiter reifen, ehe er vermahlen werden kann.

Erster Schritt nach der Ernte auf dem Kornfeld ist die Getreideannahme, bei der in der Mühle zuerst einmal die Qualität der Ware überprüft wird. Anhand von Stichproben wird nach vorgegebenen Untersuchungsmethoden mit speziellen Analysegeräten, die so abenteuerlicher Bezeichnungen wie „Larvenlauscher“ oder „Käfersieb“ tragen, geschaut, ob das Getreide frei von Schädlingen oder Besatz ist und optisch dem festgelegten Qualitätsstandard entspricht.

Im (zumeist) hauseigenen Labor der Mühle werden nach dem Vermahlen einer kleinen Probenmenge des Korns die Qualitätsparameter wie Feuchte, Fallzahl, Protein- und Klebergehalt und andere mehr ermittelt. Passt die Qualität, darf abgeladen werden. Das Getreide wird zunächst vorgereinigt und bis zur Vermahlung eingelagert.

Bevor die eigentliche Vermahlung beginnt, wird das Korn nochmals mechanisch von Fremdbestandteilen wie Unkrautsamen, Steinchen, Stroh und Sand getrennt; Schmutz und Staub werden entfernt. In modernen Mühlen helfen bei diesen Arbeitsschritten beispielsweise Schwingsiebe, Steinausleser oder auch der Farbausleser, der Bestandteile mit auffälligen Farbabweichungen optisch durch hochauflösende Kameras erkennt und per Druckluftstoß die einzelnen Körner entfernt. Im „Trieur“ wird die Ware dann vom kompletten Restbesatz wie etwa Fremdgetreide, befreit. Anschließend wird der Weizen mit Wasser oder Wasserdampf auf die optimale Feuchte gebracht, die bei ungefähr 15 Prozent liegt. Die Schale der Körner trennt sich durch diesen Arbeitsschritt später im Walzenstuhl besser vom Mehlkern, da sie durch die Feuchte elastisch wird. Ist diese erwünschte Feuchtigkeitsverteilung erreicht, kann der eigentliche Mahlvorgang beginnen.

In mehreren Schritten wird das Getreide auf so genannten Walzenstühlen zerkleinert. Die Aufgabe des Müllers besteht nun darin, aus diesen grobkörnigen Bruchstücken, die noch alle Bestandteile des Korns enthalten, das gewünschte Mehl möglichst vollständig herauszulösen. Die einzelnen „herausbrechenden“ oder -fallenden Teile werden in Plansichtern auf Stapeln von Schwingsieben mit unterschiedlichen Maschenweiten ausgesiebt, die von Etage zu Etage feiner werden. Jeweils der feinste Teil einer jeden Siebung ist das Mehl.

Das auf dem Siebstapel oben liegen gebliebene Schrot wird erneut vermahlen (wobei die Walzen nach einer Passage jeweils enger gestellt werden), bis das gesamte Mehl herausgelöst worden ist. In den ersten Passagen entstehen so die hellen Mehle (niedriger Mineralstoffgehalt), später kommen dann die „Nachmehle“.

Die einzelnen Mehle haben nun unterschiedliche Mineralstoff- und auch Klebergehalte. Die Anforderung an den Müllers ist, die verschiedenen Mehle so zu kombinieren, dass nicht nur die Typenzahl der Mehle stimmt, sondern auch die gewünschten teigtechnologischen (rheologischen) Eigenschaften erzielt werden können.

Beim Vermahlen fallen neben Mehl und Schrot aber auch noch diverse andere Produkte an. Aus dem Mehlkern stammen dabei etwa der Grieß und Dunst, aus den Randbereichen des Getreidekorns die Kleie sowie der Keimling.

Abschließend wird, je nach Produkt (und Kundenwunsch) beim Weizen oftmals eine geringe Menge Ascorbinsäure zugegeben, und wenn notwendig, werden zudem Enzyme zugemischt, die dem Mehl eine bessere Backfähigkeit verleihen. Das gibt es beim Mehl bei Brotkrümel natürlich nicht.

Die Vermahlung als solche wird heutzutage meistens von der zentralen Steuerungsanlage geregelt, von wo aus der Müller jederzeit die volle Kontrolle über den Ablauf hat. Ein EDV-System liefert ferner die genauen Daten über die erzielte Ausbeute und den totalen Lagerstand.

Vor dem endgültigen Abfüllen in Tüten, Säcke oder Silo-Lastzüge beziehungsweise erneuten Einlagern des fertigen Mehls wird es dann nochmals hinsichtlich seiner Backeigenschaften analysiert. Dann verlässt das Mehl erst die Mühle.

Anders als bei den Typenmehlen, wird bei den Mehlen aus dem ganzen Korn nach dem Reinigen das komplette Getreidekorn inklusive Schale und Keimling vermahlen. Vollkornmehle werden heute vornehmlich nicht mehr auf Mahlsteinen produziert, sondern mit Hilfe von Walzenstühlen und Plansichtern. Dies hat zu einer merklichen Qualitätsverbesserung geführt.

Gerade bei Weizenvollkornmehlen setzt man heutzutage mehr und mehr auf so genannte rekombinierte Mehle. Diese werden aus verschiedenen Kornbestandteilen durch nachträgliches Vermischen hergestellt. Dabei wird das dem gewachsenen Korn entsprechende Verhältnis von Mehlkörper (Endosperm), Keimling und Schale (Kleie) eingehalten, und das Erzeugnis weist demnach zum Schluss eine gleiche oder annähernd gleiche stoffliche Zusammensetzung wie das natürliche „Original“ auf. Vorteile bieten diese Mehle insbesondere bei Kleingebäcken, da man damit leichter ein ansprechendes Volumen der Backware erreichen kann.

Nun mal noch zur Herstellung von unterschiedlichen Schroten. Die unterschiedlichen erhältlichen Granulationen entstehen bei den verschiedenen Vermahlungsschritten der Schrote. Je nach Zeitpunkt der Schrotvermahlung spricht der Müller von erster, zweiter, dritter Schrotung usw. Die erste Schrotung erfolgt also beim erstmaligen Vermahlen des Getreidekorns, die zweite entsprechend beim Vermahlen des Schrotes aus der ersten Schrotung.

Da die Walzenstühle mit Fortschritt der Vermahlung jeweils enger eingestellt werden, erhält man nach und nach feinere Schrote. Die unterschiedlichen Schrote werden durch entsprechende Siebeinsätze im Plansichter gewonnen und von dort direkt in die entsprechenden Silozellen transportiert und abgefüllt. Hier gibt es auch ein Video, welches zeigt, wie sich weiche und scharfe, mittlere und grobe Schrote unterscheiden. Dieses gibt es unter www.youtube.de/123456789.

Aber auch Flocken werden in der Mühle hergestellt. Nach der üblichen Reinigung, eventuellen Schälung (Hafer, Dinkel) und Lagerung des Getreides aller Arten, wird dieses bei der Flockenherstellung zunächst gedarrt, also mittels Heißluft getrocknet. Anschließend wird das Getreidekorn im Dämpfer mit überhitztem Wasserdampf gedämpft. Das Korn nimmt hier wieder Feuchtigkeit auf und wird deswegen weich und elastisch. Dies ist wichtig, damit das Korn beim nachfolgenden Quetschen im Flockenstuhl seine gleichmäßige, leicht ovale Form behält und nicht zerbricht. Durch diese beiden Erhitzungsschritte wird ein großer Teil der Enzyme des Keimlings inaktiviert. Da Getreideflocken immer aus dem ganzen Korn inklusive Keimling bestehen, wird die Haltbarkeit der Flocke somit deutlich verlängert.

Nach dem Quetschen gelangt die Getreideflocke sofort in einen Fließbetttrockner. Sie wird hier auf einem Luftpolster gleichzeitig transportiert und gekühlt. Vom Trockner gelangt die Flocke direkt in die Abfüllung oder Lagerzelle.

Meistens werden die Großblattflocken verarbeitet. Diese gibt es hier im Shop aus vielen Getreidearten. Aber es gibt auch Kleinblattflocken. Bei deren Herstellung wird das Korn vor dem Dämpfen im Wasserdampf erst noch zerkleinert, während die Großblattflocken dem plattgedrückten Korn in seiner ursprünglichen Größe entspricht.

Außerdem gibt es Getreideflocken entweder als „kernige“ oder „zarte“. Sie unterscheiden sich in Herstellung und Größe nicht; die „zarten“ Flocken sind lediglich dünner als die „kernigen“.

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