Hefe

Neben Mehl und Wasser ist sie der wichtigste Rohstoff in der Bäckerei: die Hefe. Die heute in Bäckerei und Konditorei verwendete so genannte Kulturhefe wurde aus wilden Hefen gewonnen. Diese kommen überall in der Natur vor, wo Kohlenhydrate zur Verstoffwechselung zur Verfügung stehen. In den Hefefabriken werden aus den wilden Hefen bestimmte, für Backwaren ideale Hefestämme selektiert und in Gärtanks mit einer Nährflüssigkeit (zum Beispiel Melasse) unter Zugabe von Mineralsalzen „rein gezüchtet“ beziehungsweise kultiviert.

Üblicherweise handelt es sich bei Backhefe um eine „obergärige“ Hefe der Gattung Saccharomyces cerevisiae. Wie die Bezeichnung schon ahnen lässt, stammt diese Hefe ursprünglich aus der Bierherstellung und schwimmt während des Gärvorgangs auf dem Biersud.

Grundlagen

Aufbau:

Die Hefe ist ein einzelliger Mikroorganismus. Die Hefezelle setzt sich im Wesentlichen aus der Zellwand, dem flüssigen Zellinhalt (Protoplasma) und dem Zellkern zusammen. Die wichtigste Funktion der Hefezelle ist die Umwandlung von Zucker in Alkohol und Kohlendioxid, mit Hilfe mehrerer Enzyme (Zymase). Weitere wertvolle Inhaltsstoffe der Hefe sind die B-Vitamine. Da die Hefemenge in Backwaren allerdings sehr gering ist, spielt diese für Bäckereien und Konditoreien hinsichtlich der Vitamin-B-Versorgung keine bedeutende Rolle.

Vermehrung:

Hefezellen besitzen zwei Möglichkeiten, sich zu vermehren. Zum einen geschlechtlich, indem zwei einzelne Hefezellen miteinander verschmelzen und sich dann zu teilen beginnen. Und zum anderen ungeschlechtlich (Sprossung). Hierbei bildet die Zelle eine Wölbung, und der Zellkern teilt sich. Anschließend wandert der neu entstandene Zellkern in die Wölbung und diese trennt sich von der ursprünglichen Zelle oder bleibt lose an dieser haften. Auf diese Weise bilden sich lose Hefezellenverbände. Die Sprossung ist die häufigste Art der Hefevermehrung.

Als ideale Voraussetzungen benötigt sie:

  • Wärme: Ideal für die Vermehrung ist eine Temperatur, die nahe der menschlichen Körpertemperatur liegt. (28 bis 32 Grad sind ideal)
  • Nährstoffe: Hefe bevorzugt Einfachzucker (wie Traubenzucker). Diesen bezieht sie aus dem Stärkeabbau des Mehles durch die Getreide-Amylasen.
  • Feuchtigkeit: Zucker wird gelöst, in die Zelle aufgenommen und dann verstoffwechselt/abgebaut. Dies ist in den Teigen normalerweise der Fall.
  • Sauerstoff: Diesen benötigt sie nur zur Atmung bei der Vermehrung. Der gewünschte Trieb (Gärung; Bildung von CO2) findet nur unter Sauerstoffausschluss (im Teiginnern) und ohne Vermehrung statt.

 

 

Backhefe-Gewinnung

Die Anzucht der Hefe erfolgt zunächst mit einer Vorkultur des reinen Betriebsstammes. Als Nährmedium (Substrat) wird üblicherweise Melasse aus der Rübenzuckergewinnung verwendet. Der Melasse werden außerdem stickstoff- und phosphathaltige Salze für ein optimales Wachstum zugesetzt.

Ähnlich wie bei Sauerteig wird nun über mehrere Stufen die Hefe vermehrt. Die so entstandene Kultur ist die Stellhefe. Diese ist die Ausgangsbasis für die zu gewinnende Versandhefe.

Dabei wird die Nährlösung mit der Stellhefe beimpft und über genauestens gesteuerte Zulaufverfahren das Wachstum reguliert. Es kommt darauf an, die Balance zwischen ausreichender Vermehrung, Triebkraft-Erhaltung und einer möglichst geringen Alkoholbildung zu bewahren. Deshalb wird das Nährmedium Melasse teilweise belüftet. Außerdem wird durch die Überwachung verschiedener Parameter (wie der Nährsubstanz-Konzentration bei Zucker, Kohlendioxidbildung, pH-Wert und Alkoholgehalt) ihre Zu-Dosierung gesteuert. Vor allem die Zuckerkonzentration spielt eine entscheidende Rolle. Denn wenn eine bestimmte Konzentration überschritten wird, stellen die Hefezellen die Vermehrung ein und gehen zur Gärung über.

Haben die Hefezellen eine ausreichende Vermehrung erreicht (aus zwei Gramm Stellhefe entstehen mehrere Tonnen Versandhefe), werden diese mittels Zentrifugen von der Restwürze getrennt und gewaschen. Im Anschluss erfolgt die schonende Vakuumtrocknung unter Kühlung. Zum Schluss wird der Wassergehalt für die verschiedenen Handelsformen eingestellt und die Hefe portioniert und gepresst oder granuliert.

 

Handelsformen

Presshefe: Sie ist die gängigste Handelsform. Die Hefezellen werden gepresst und in kleinen Blöcken einzeln oder als Granulat in Säcken verpackt. Die Haltbarkeit liegt wegen des Wassergehaltes von etwa 40 Prozent bei Lagerung im Kühlraum bei zwei bsi drei Wochen.

Trockenhefe: Sie dient hauptsächlich für den Hausgebrauch. Der Hefe wird bis auf einen minimalen Restgehalt von nur sechs Prozent das Wasser weitestgehend entzogen. Durch diesen Wasserentzug und das Verpacken unter Schutzatmosphäre (Stickstoff), wird die Haltbarkeit auf mehrere Monate verlängert. Die Hefe muss allerdings vor dem Gebrauch in „blutwarmem“ Wasser gelöst und dadurch aktiviert werden.

 

Lagerung und Verarbeitung

Da die meisten Mikroorganismen bei Temperaturen knapp über dem Gefrierpunkt ihre Stoffwechsel-Aktivitäten deutlich zurückfahren, wird Hefe am besten im Kühlraum gelagert. Temperaturen von zwei bis fünf Grad sind ideal zur Lagerung. Damit die Hefe nicht zu stark austrocknet und dadurch ihre Triebfähigkeit verlieret, sollte darauf geachtet werden, dass bereits geöffnete Packungen nach Gebrauch gut verschlossen und rasch aufgebraucht werden.

 

Dosierung

Die Dosierung erfolgt in Abhängigkeit von verschiedenen Parametern. Dies sind unter anderen die Art von Teig und Gebäck, Mehlqualität, Teig-Temperatur, Teig-Führung, Hefetrieb-Hemmung durch andere Zutaten (Salz, Fette).

 

Auf die Hemmung wollen wir etwas genauer eingehen. Fettstoffe hemmen nämlich den Stoffwechsel und vermindern so die Triebkraft der Hefe. Deshalb erfordern beispielsweise tourierte Teige mit einem hohen Fettgehalt eine Hefezugabe von fünf bis neun Prozent (bezogen auf die verwendeten Getreidemahlerzeugnisse).

Salz wiederum verändert den pH-Wert des Teiges. Bei einer zu hohen Salzkonzentration werden die Hefeenzyme inaktiviert und somit ebenfalls der Stoffwechsel und dadurch die Triebkraft gehemmt.

Zucker ist zwar grundsätzlich als Nahrung positiv für die Hefezellen. Allerdings kann eine zu hohe Zuckerkonzentration die Hefe ebenfalls hemmen, da sie zum einen schlicht übersättigt ist. Zum anderen steht aufgrund des starken Wasserbindevermögens des Zuckers zu wenig Wasser für die Hefe zur Verfügung (hier spricht man vom osmotischen Gefälle). Somit werden die Zellaktivitäten ebenfalls eingeschränkt oder sogar ganz eingestellt.

Ähnliche Wirkungen hat eine zu geringe Wasserzugabe im Teig. Da die Nährstoffe für die Verstoffwechselung durch die Hefe nicht mehr ausreichend gelöst vorliegen, wird die Triebkraft reduziert. Zusätzlich werden die Teige zu fest, was ebenfalls zu einer geringeren Lockerung beiträgt, da die bereits geschwächte Hefe nicht mehr genug Kohlendioxid produzieren kann.

Kann sich die Hefe jedoch aufgrund der entsprechenden Teig- und Triebführung sowie der entsprechenden (nicht hemmenden) Zutaten frei entfalten – wie etwa bei Mischbroten –, ist eine Dosierung von zwei bis vier Prozent (Hefe auf Mehl bezogen) ausreichend.

 

Bio-Hefen

Das bei der Hefeherstellung verwendete Nährsubstrat Melasse ist der Hauptgrund, warum die Herstellung der konventionellen Hefe teilweise umstritten ist. Denn die Hilfsstoffe, die während der Hefeproduktion eingesetzt werden und auch beim Waschen anfallen, belasten das Abwasser und die Umwelt stark und sind schwer herauszubekommen.

Dieser Umstand stellt natürlich die Verwendung von konventioneller Hefe bei Bio-Backwaren, wie sie bisher möglich war, stark in Frage. Bei Bio-Hefe wird zur Gewinnung entweder Bio-Melasse verwendet oder es wird in einem speziellen Verfahren ein Mehl als Nährsubstrat eingesetzt, welches mittels Enzymen verzuckert wurde. Die Nährstoff-Quellen werden ebenfalls mittels Enzymen aus dem Substrat gewonnen.

Allerdings ist die Triebkraft der Biohefen etwas geringer gegenüber konventionellen Hefen. Dies muss durch eine höhere Zugabe (etwa 1,2-fach) ausgeglichen werden, was sich neben dem höheren Grundpreis ebenfalls auf die Kalkulation von Bio-Backwaren auswirkt.

Da es inzwischen mehrere Anbieter von Bio-Hefe gibt, wurde diese inzwischen in die EU-Bioverordnung als Zutat aufgenommen, so dass ab 2014 nur noch Biohefe statt konventioneller verwendet werden darf. Von den Bioverbänden wird die Verwendung insofern forciert, als dass diese bereits früher vorgeschrieben wird (Bioland bereits ab Mitte 2013).

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