Roggen

Allgemeines

Roggen entstand als sogenannte sekundäre Kulturpflanze. Zunächst war er ständiger und unerwünschter Begleiter anderer Getreide. Wegen seiner hohen Standort- und Klimatoleranz setzte er sich jedoch leichter durch als etwa Weizen oder Gerste. Roggenarten sind daher verstärkt in Mittel- und Nordeuropa verbreitet.

Die Backeigenschaften des Roggenmehls unterscheiden sich sehr von jenen des Weizenmehls. Im Roggen ist zwar auch Klebereiweiß enthalten, dieser kann jedoch durch die Anwesenheit von Pentosanen (Schleimstoffen) kein Klebergerüst zur Gashaltung aufbauen. Die Pentosane sind bedeutend für das Wasserbinde- und Wasserhaltungsvermögen der Mehle während der Teigführung und des Backvorgangs. Da die Teigausbeute von Roggen aufgrund der enthaltenen Pentosane höher ist als beim Weizen, weisen die Brote auch eine bessere Frischhaltung auf. Daher rührt ihre Beliebtheit als „Vorratsbrot“.

Traditionell wird der Roggen für alle Arten von Broten eingesetzt (Roggenmischbrot, Weizenmischbrot), etc., weniger bei Brötchen und eigentlich gar nicht im Hefefeinteigbereich.

Die typischen Regionen der Roggenverarbeitung sind vorwiegend im Norden und Osten Deutschlands beheimatet. Dort finden sich auch die charakteristischen Roggenbrotsorten.

Die Backeigenschaften

Im Gegensatz zu Weizengebäcken, haben Backwaren aus Roggen oder mit einem hohen Roggenanteil eine dunklere, festere Krume. Je höher der Roggenanteil, desto wichtiger wird die Zugabe von Säure zum Teig, da die mehleigene Enzymatik gehemmt werden muss, um ideale Backergebnisse zu erhalten. Würde man die Enzyme im Teig nicht rechtzeitig ausbremsen, würden diese die Stärke abbauen, bevor sie sich zur Krume stabilisieren kann. Dabei ist besonders die Roggenstärke wegen ihrer geringen Verkleisterungstemperatur (zehn bis 15 Grad unter der des Weizens) sehr anfällig. Kann dieser Abbau verhindert werden, ist es der Stärke möglich, während des Backens das Wasser im Teig optimal zu binden und damit ein geschlossenes Krumengerüst auszubilden. Je höher allerdings die Teigeinlage eines Brotes, desto langsamer steigt die Temperatur im Innern des Brotes während des Backprozesses an. Somit verlängert sich die kritische Phase, in der die maximale Enzymaktivität mit der hohen Anfälligkeit der Stärke bei der Verkleisterung zusammen fällt.

Ab einem Roggenanteil von 20 Prozent wird eine Versäuerung empfohlen, wobei man sich heutzutage eher am Geschmack des Endprodukts als an der technologischen Notwendigkeit orientieren darf. Schließlich schmeckt ein Brot ohne Säure eher „laff“, fade.

Feuchtbackende und trockenbackende Mehle

Immer noch hört man in Bezug auf Roggenmehle vom „Auswuchs“. Davon spricht man, wenn das Getreide vor der Ernte auf dem Halm bereits wieder zu keimen anfängt. In feuchten Erntejahren ist dies der Fall. Durch das Keimen hat das Getreide eine stärkere Amylase-Aktivität (niedrige Fallzahl), was dazu führt, dass man, um diese Aktivität zu minimieren, mit einer stärkeren Versäuerung arbeiten muss. Allerdings hatte man das Problem letztmals im Jahr 1993. Aktuell haben wir eher mit einer gegenteiligen Problematik zu tun, nämlich einer oftmals ziemlich schwachen Enzymaktivität und somit einer hohen Fallzahl. Aber egal wie Fallzahl, Amylogramm-Maximum und Verkleisterungstemperatur auch liegen, wichtig ist das korrekte Reagieren darauf.

Enzymaktive Roggenmehle werden als abbaufreudige, feuchtbackende Mehle bezeichnet.

Sehr hohe Enzymaktivitäten (bis hin zum Auswuchs) führen (in verschiedenen Intensitäten) zu nachlassenden Teigen, einer feuchten Teigbeschaffenheit sowie einer verstärkten Triebleistung. Beim Backprozess kommt es zu einer stärkeren Bräunung der Gebäcke, und im gebackenen Produkt kommt es zu einer unelastischen Brotkrume mit einer geringeren Schnittfestigkeit sowie einer ballenden Krume.

Eingrenzen kann man diese negativen Auswirkungen bis zu einem gewissen Grad. Die Verwendung von Mehlen mit niedrigerem Mineralstoffgehalt (hellere Typen) führt genau wie eine stärkere Versäuerung (mit niedrigeren pH-Werten) zu ansprechenderen Ergebnissen. Auch ein Reduzieren von Teigruhe- und Stückgarezeit kann hilfreich sein. Bei Schrotbroten könnte man etwaige Brühstücke durch Quellstücke austauschen und gröbere Schrote verwenden. Die effektivste Abhilfe dürfte jedoch das Beimischen von Mehlen mit nicht zu hoher Enzymaktivität sein (sofern vorhanden).
Im Gegenzug gibt es natürlich auch Auswirkungen einer zu geringer Enzymaktivität in Roggenmahlerzeugnissen. Diese trockenbackenden Mehle führen zu einer langsameren Quellung der Teige, was insbesondere bei Schrotteigen zu beobachten ist. Somit steifen diese Teige auch nach. Die schleppende Triebleistung und die schlechte Krustenbräunung machen sich beim Backprozess bemerkbar. Die Krume ist oftmals dichter beziehungsweise fester. Und die Brotfrischhaltung ist nicht wirklich berauschend.

Aber auch hier lassen sich adäquate Lösungen finden. Um mehr Frischhaltung in die Brote zu bringen, kann man überlegen, Rückbrot oder Quellmehle einzusetzen. Auch die Verwendung von Brüh- oder Kochstücken bringt gebundenes Wasser in die Krume. Ferner könnte man dunklere Mehltypen verwenden, die Teige weicher halten oder die Teigruhezeiten verlängern.

Einen enormen Einfluss kann man auch hier wieder mit der Sauerteigführung nehmen. Da die aktuellen Mehle häufig trockenbackend sind, wird schon in der Mühle durch Zugabe von entsprechenden Enzymen die Enzymaktivität eingestellt. Allerdings liefern natürlich „gewachsene“ Enzyme die besseren Ergebnisse.

Die verschiedenen Mahlerzeugnisse aus Roggen

Das Roggenkorn wird nach einer intensiven Reinigung vermahlen. Wichtig bei der Reinigung ist, das gerade bei dieser Getreideart gerne auftretende Mutterkorn zu entfernen. Wie beim Weizen, gibt es fünf Mehltypen, aber auch ein Typenschrot, die alle ihre spezifischen Einsatzzwecke haben:

  • Roggenmehl Type 815 für helle Roggenbackwaren, Weizenmischbrote, Roggenbrötchen.
  • Roggenmehl Type 997 für helle Roggenbackwaren, Weizenmisch- und Mischbrote, Roggenbrötchen.
  • Roggenmehl Type 1150 kommt in Misch- und Roggenmischbroten zum Einsatz.
  • Roggenmehl Type 1370 wird benutzt für Roggenmisch- und Roggenbrote.
  • Roggenmehl Type 1740 für Roggenmisch- und Roggenbrote.
  • Roggenbackschrot Type 1800 schließlich für Schrotbrote.

Vollkornmehle und -schrote haben keine Typenzahl, da sie aus dem ganzen Getreide (inklusive Keimling und Schale) ermahlen werden.

Im Unterschied zum Weizen gibt es sehr viele verschiedene Schrote und Flocken aus Roggen, welche insbesondere bei der Schrotbrotherstellung eingesetzt werden. Man unterscheidet diese Schrote anhand der Größe der Bestandteile (fein, mittel, grob) sowie anhand der „Konsistenz“ (weich, scharf). Auch gibt es gedrückte Körner in verschiedenen Dicken.

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